Digitale Virtualität – Abstrahierter städtischer Raum im Spiel „Assassin’s Creed: Syndicate“
September 2018 | 2 Minuten Lesezeit
Diese Arbeit untersucht die Darstellung des viktorianischen London im Videospiel Assassin’s Creed: Syndicate und fragt, in welchem Ausmaß das reale Stadtbild von 1868 im Spiel abstrahiert oder verändert wurde. Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass Spiele wie Assassin’s Creed nicht nur historische Epochen inszenieren, sondern auch komplexe Stadträume nachbilden.
Die Analyse erfolgt in mehreren Schritten: Zunächst werden die Synchronisationspunkte des Spiels mit filmischen Establishing Shots verglichen, um ihre Funktion als visuelle Orientierungspunkte zu verstehen. Anschließend werden Distanzen und Flächen zwischen markanten Orten (z. B. Buckingham Palace, St. Paul’s Cathedral) gemessen und mit realen Karten verglichen. Das Ergebnis zeigt eine durchschnittliche Abstraktion der Distanzen um etwa 50 %. Durch das Übereinanderlegen der Spiel- und Realpläne werden strukturelle Abweichungen sichtbar, etwa das Reduzieren von Blockstrukturen im Borough The Strand auf rund ein Sechstel der realen Bebauung.
Auch architektonische Details wurden untersucht. Während Silhouetten wichtiger Landmarken (z. B. St. Mary le Strand) weitgehend beibehalten werden, sind Proportionen, Materialität und Ornamentik oft vereinfacht oder frei interpretiert.
Die Arbeit kommt zu dem Schluss, dass die Spielwelt als „gebaute Mental Map“ funktioniert: Sie komprimiert den realen Stadtraum, behält jedoch die relativen Lagen zentraler Landmarken bei, um den Spielenden ein kohärentes und wiedererkennbares London zu vermitteln. Die Analyse zeigt, dass digitale Virtualität nicht bloß Reproduktion, sondern eine gezielte, dramaturgische Verdichtung von Raum ist – eine Form der Stadterzählung, die reale Wahrnehmungsmuster bestätigt und verstärkt.
